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Ortschronik des Dorfes

Schicksale des Dorfes - Denkmal

1. Lage der Handelswege

Auch unser Steinigtwolmsdorf wurde von Kriegseinwirkungen, Krankheiten, Bränden, Unwettern und dergleichen nicht verschont.

 

Die Heereszüge erfolgten in den letzten Jahrhunderten größtenteils über die bestehenden alten Handelswege.

 

In West - Ost - Richtung:

  • Die Hohe Straße: Kamenz - Bautzen - Löbau

  • Dresden - Bischofswerda - Bautzen - Löbau

  • Dresden - Stolpen - Neustadt - Schluckenau - Zittau


sowie in Nord - Süd - Richtung:

  • Görlitz - Zittau - Böhmen

  • Bautzen - Körse (Kirschau) - Schluckenau - Böhmen


Unser Siedlungsgebiet mitten in den Lausitzer Bergwäldern wurde durch ihre Lage weniger von diesen Truppenbewegungen mit Einquartierungen, Requirierungen, Plünderungen usw. in Mitleidenschaft gezogen.

2. Die Husittenkriege 1419 – 1436

Im Herbst 1429 berannte ein husittisches Heer die Burg Stolpen, die ein wichtiger Herrschaftsbesitz der Meißener Bischöfe war. Da eine Eroberung der Burg nicht gelang, teilte sich das Heer in zwei Haufen. Ein Haufen zog in Richtung Bischofswerda, teilte sich hier abermals und marschierte, eine Anzahl Dörfer verwüstend, zur Hälfte in Richtung Kamenz und zur anderen Hälfte in Richtung Neukirch, Kirschau, Steinigtwolmsdorf und Sohland. Bei diesem Durchzug wurde auch unser Ort heimgesucht. Die verängstigten Bewohner flüchteten beim Nahen der plündernden Husitten in die Wälder und blieben dort mehrere Tage im dichten Waldbestand versteckt. Bei der Rückkehr in ihre Wohnungen fanden sie große Verwüstungen vor. Das Vieh und die mühsam geernteten Feldfrüchte waren geraubt oder vernichtet worden. Das war ein schwerer Schlag für die Bewohner, die den Besiedlungs-Prozeß des ihnen zugewiesenen Landes noch nicht abgeschlossen hatten. 

 

Die Husitten zerstörten auch die Goldbergwerke im Hohwald (siehe Abschnitt Goldbergbau).

3. Der erste Ausbruch der Pest

1463 brach die Pest aus. Sie wurde hervorgerufen durch ungewöhnliche, schlechte Bedingungen bei der Veredlung der Rohschafwolle auf dem Schafgute Birkgut (errichtet 1459).


Gestank und üble Dünste der geschorenen Wolle leisteten dieser gefürchteten Krankheit Vorschub.

4. Der 30-jährige Krieg 1618 – 1648 und der zweite Ausbruch der Pest

Bis zur Schlacht bei Breitenfeld 1631 hatte man in unserer Gegend kaum etwas von diesem Kriege gespürt.


Nachdem aber am 7. September 1631 der Sieg Gustav Adolfs (Schwedenkönig) über die Liga (kaiserliches Heer) erfochten war, verbreiteten sich die stark verminderten Truppen der Liga über die Lausitz, um sich hier zu sammeln.


Am 2. Oktober 1631 fielen die Kroaten in Steinigtwolmsdorf ein, womit das Elend begann. Den Einwohnern, die nicht in die Wälder geflüchtet waren, erging es schlecht. Sie flüchteten in die Kirche, aber die verrohten Kroaten verschonten sie auch dort nicht. So steht im Totenbuch unserer Kirche unter dem 5. Oktober 1631: Balzer Ulbricht zu Steinigtwolmsdorf von den Kroaten in der Sakristey niedergehauen. Gleichfalls wurde Thomas Thonigs erschossen. Am 30. Oktober wurde Matheß Flügel, Kirchvater zu Weifa, erschossen, nachdem er zuvor gemartert wurde.


Am 17. August 1632 wurde das Dorf aufs Neue heimgesucht. Die Not stieg in diesem Jahr auf einen kaum zu überbietenden Gipfel, durch den Ausbruch der Pest. In einem Bericht von Michael Pusch (1658) heißt es, daß 132 Personen des Kirchspiels Steinigtwolmsdorf/Weifa im Angstjahr 1632 starben, wie es Pastor Kettner im Kirchenbuch niederschreibt.


Der Kirchenbuchführer scheint mit den Eintragungen nicht nachgekommen zu sein, denn während er sonst ausführlich registriert, zählt er die Toten nur in folgenderweise auf, ohne Datum und die Namen, wie z.B. Urban Wolff, 8 Personen, 4 Mannes, 4 Weibes Personen, Christoff Siegemund, 9 Personen, Er, sein Weib, 3 Söhne, 4 Töchter.


Die Pest-Toten wurden im Heimgarten bestattet. Von jener Zeit datiert auch die Bezeichnung des „Siechhaus“, was am Ende des östlichen Viebigs (Höllberg) stand.


Am 17. Januar 1633 wurden Weifa, Ringenhain und Steinigtwolmsdorf wiederum durch die Kroaten ausgeplündert und ca. 500 Stück Vieh geraubt.
Zwischen dem 2. April und dem 9. Juni 1637 zogen Truppen des kaiserlichen Feldmarschalls Graf Melchior von Hatzfeld durch unsere Gegend.
So steht im Steinigtwolmsdorfer Taufbuch: „Von den gutten Freitag (Karfreitag) bis auf Sonntag Rogate, das sind etwa 5 Wochen, hatten wir in Büschen und Steinklüften uns aufhalten müssen, wegen des räuberischen Kriegsvolkes. So wurde am Montag nach Jubilate der Sohn Balzar Richter, Bauer im Oberdorfe, auf der Zahlwiese getauft“ (Heute Zeulwiese an der Grenze zu Hilgersdorf CSSR).


Unter dem 18. Februar 1642 steht im Taufbuche zu Weifa: „Eben den Tag erlitten wir hier schwere Einquartierung vom kaiserlichen Obrist, Rauff genannt.“ 

 

Zwischen dem 25. März und dem 23. April 1643 im Steinigtwolmsdorfer Taufbuch steht der Satz:
„Diese Zeit hatten wir unsere rechten Marterwochen, wegen stetigen Plünderns und Abnahme der nahe gelegenen Torstensohnischen Armee (Schweden). Im gleichen Jahre vom 18. November bis auf den 10. Januar 1644 mußten wir von hier alle entweichen und ward alles von Vieh und Hausrat uns von den kaiserlichen so Zittau belagerten, entführt, ausgedroschen und jämmerlich verderbet.“


Aus diesen Eintragungen geht hervor, wie sehr unser Ort durch diese Kriegsereignisse gelitten hat, umsomehr als diese in die Zeit fielen, in welcher noch Starschedels Gefangenschaft (1626) auf dem Hohenstein und nach dessen Tode (1646) in Steinigtwolmsdorf es keinen Gutsherren gab, der eventuell durch seine Autorität den Kriegshorden entgegentreten konnte.


1648 endeten die schrecklichen Greuel durch den Abschluß des westfälischen Friedensvertrages.

5. Der 7- jährige Krieg von 1756 – 1763

Diesen Krieg führte König Friedrich II. von Preußen (der Große) zur Erhaltung des 1740 annektierten Schlesiens. Er nahm den Kampf auf gegen eine Koalition zwischen Frankreich, Österreich, Schweden, Rußland und Sachsen. Friedrich der Große fällt am 29. August 1756 in Sachsen ein und besetzt am 3. September 1756 ohne Kampf die Burg Stolpen.


Am 5. September 1756 kamen Teile des Preußischen Heeres auch in das Mittellausitzer Bergland. Die Bewohner dieser Ortschaften, darunter auch die von Steinigtwolmsdorf; hatten schwer zu leiden. Schlachtvieh, Stroh, Heu und Getreide mußten abgeliefert werden. Da sich die Preußen wochenlang in unserer Gegend aufhielten, war sie bald wie ausgesogen.


Die Einwohner lebten in ständiger Angst und der Hunger und die Not waren groß. 1 Scheffel Korn (150 Pfund) stieg im Preis auf 2 Taler. 1 Pfund Schweinefleisch kostete 2 Groschen, 6 Pfennig.


Im August 1757 zogen erneut Preußische Truppen heran. In den Herbstmonaten 1758 lagerten die Österreicher in unserer Gegend und trieben in den Dörfern Vieh und Lebensmittel ein.

 

Wie es nach Beendigung des 7-jährigen Krieges aussah, geht aus einer Erklärung der sächsischen „Landstände“ vom Jahre 1763 hervor. Es heißt da: Man hat den Landeseinwohnern durch unerschwingliche, allen Glauben übersteigende Geldforderungen, die die doppelt und dreifache Einbringung des Warenwertes ihrer Immobilien mit Wut und Härte abgerungen. Man hat ihnen die Erzeugnisse der Felder und Wiesen ohne Zurücklassung des Samens und der Brütung mit Unbarmherzigkeit entwendet. Man hat alle Vorräte bei Einquartierungen und Durchzügen ausgeleert. Der Viehbestand ist durch Vorspannung und Seuchen beinahe zerstört. Viele Hauswirte sind durch Krankheiten aufgerieben.


Der 7-jährige Krieg endete mit dem Frieden zu Hubertusburg am 15. Februar 1763.

6. Der Napoleonosche Krieg

Am 23. September 1805 erklärt Frankreich Österreich den Krieg. Am 2. Dezember 1805 kam es zur Schlacht bei Austerlitz (3-Kaiser-Schlacht): Frankreich, Österreich und Rußland. Am 26. Dezember 1805 erfolgte der Friedensschluß von Preßburg (Bratislawa).


1806 wurde Sachsen von Napoleon zum Königreich erhoben. 1812 zog die Armee des französischen Kaisers nach Rußland (Der sächsische König Friedrich August der III. hatte für Napoleon Hilfstruppen zu stellen).


Am 7. September 1812 kam es zur großen Schlacht an der Moskwa und der Niederlage der Franzosen. Am 26. November 1812 erfolgte der Rückzug der Franzosen über die Beresina.


Am 28. Februar 1813 kam es zu einem Bündnis zwischen Preußen und Rußland in Kalisch.


Im Februar 1813 trafen die ersten geschlagenen französischen Einheiten hungernd und frierend in Sachsen und damit auch in unserer Gegend ein. Sie wurden von russischen und preußischen Truppen verfolgt, aber immer wieder stellten sie sich den Verfolgern zum Kampf. Es sollen auf dem Birkgut ein Gewehr und Ausrüstungsgegenstände von den Franzosen zurückgelassen worden sein. In der Folgezeit hatte die Bevölkerung unserer Gegend sehr unter der Einquartierung französischer sowie preußischer und russischer Truppen zu leiden, die zur Vorbereitung der Kämpfe bei Bautzen, Bischofswerda und Dresden erforderlich waren. Erst durch die Völkerschlacht bei Leipzig im Herbst 1813 wurden die napoleonischen Armeen endgültig aus unserem Gebiet vertrieben.

7. Seuchen und Großfeuer im Ort

Unser Ort wurde im 18. und 19. Jahrhundert von folgenden Epidemien heimgesucht:

  • 1787 von den Blattern
  • 1794 von der Ruhr
  • 1814 und 1816 vom Typhus
  • 1839 und 1872 von den Blattern
  • 1874 vom Scharlach

Nach einer handschriftlichen Aufzeichnung von Johann Gottfried Thomas haben sich folgende Ereignisse zugetragen:
Anno 1857, 13. Mai, ist großes Feuer im Niederdorf gewesen, da sind 7 Häuser, 3 Scheunen und ein Ausgedinge-Haus abgebrannt.

  • Gottfried Böhme: Haus, Scheune und Ausgedinge
  • Andreas Böhme: Haus und Scheune
  • Gottfried Thomas: Haus
  • Christian Richter: Haus
  • Freibauers Haus
  • der kleine Berger: Haus und Scheune
  • der kleine Gantz: Haus

Anno 1857, 24. Juni, kam in der Schänke Feuer aus. Das ist die Schänke mit Nebengebäuden, die gänzlich abgebrannt ist. Da ist der Hof mit Brauerei und Brennerei und allen Nebengebäuden gänzlich abgebrannt. Da ist das Jägerhaus, Scheune und Nebengebäude gänzlich abgebrannt. Da ist Mathesen Schneiders Haus und Scheune und auch der Herrendiener in Asche gelegt.

Anno 1860, 25. Juli früh 4 Uhr, kam bei August Zenkern Feuer aus. Da ist das Haus abgebrannt und der Schneider Preische ist auch mit abgebrannt. Der liebe Gott hat unsere Wohnung beschützt.

8. Der Preusische – Östreichische Krieg

Kirchenvorstandsmitglied und Rechnungsführer Karl August vermerkt über diese Zeit:
Als im Jahre 1866 bei Ausbruch des Krieges zwischen Preußen und Osterreich, der die sächsische Armee als Verbündete Österreichs mit hineinzog, wurde am 24. Juni unser Ort von preußischen Regierungstruppen stark mitgenommen und betrugen die gelieferten Gegenstände, darunter 5 Ochsen, 4 Kühe an Wert 951 Taler, 25 Ngr.


Da nach Beendigung des Krieges aller Schaden sowie Lieferung, Spannung und Einquartierung von der sächsischen Regierung bezahlt wurde, so betrug die ausgezahlte Vergütung 1.606 Taler, 29 Ngr. und 2 Pfennige.

9. Aufzeichnungen über den deutschen – französischen Krieg von 1870 – 1871

vermerkt von Karl Augst:
Im Jahr 1870 beim Kriege Deutschlands mit Frankreich mußten die hiesigen militärischen Bewohner in großer Zahl mit ins Feld ziehen. Den Ehefrauen und Kindern der verheirateten Reservisten und Landwehrmännern wurde vom Staat eine Unterstützung gezahlt. Die übrigen Einwohner gingen während dieses Krieges ihrer Arbeit nach. Auf den Schlachtfeldern von 1870/71 sind 7 Einwohner des Ortes gefallen.

10. Der 1. Weltkrieg

Am 2. August 1914 brach der 1. Weltkrieg aus, der bis zum 9. November 1918 tobte. Durch die revolutionären Ereignisse im November 1918 dankte der deutsche Kaiser Wilhelm II. ab und es kam zur Ausrufung der Republik Deutschland. Im Verlaufe des 1. Weltkrieges starben 74 Einwohner des Ortes auf den Kriegsschauplätzen.


Die Auswirkungen des 1. Weltkrieges bezüglich einer mangelhaften Versorgung der Bevölkerung führten dazu, daß durch revolutionäre Handlungen und zum Teil Plünderungen die Bevölkerung versuchte, sich mit dem Notwendigsten zu versorgen.


In der nachfolgenden Inflation verlor die Bevölkerung ihre letzten Ersparnisse. Ebenso wurden viele Betriebe wirtschaftlich ruiniert, was zum Verlust von Arbeitsplätzen führte.


Am 26. Mal 1916 wurde unser Ort von einem schweren Wolkenbruch mit Hagelschlag heimgesucht. Die Wassermassen überfluteten viele Häuser und Ställe und schwemmten fruchtbaren Ackerboden mit gepflanzten Kartoffeln und Rüben fort. Um den Tierbestand vor dem Ertrinken zu retten, schafften die Bauern Kühe und Schweine in höher gelegene Scheunen und Stuben. So wurde zum Beispiel bei Knobloch 143 das Schwein in die Oberstube geschafft.

11. Der 2. Weltkrieg

Vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945 tobte der 2. Weltkrieg. Er endete mit der bedingungslosen Kapitulation Hitlerdeutschlands und dessen Teilung in 4 Besatzungszonen. Am letzten Tag dieses mörderischen Krieges fielen die letzten Schüsse in unserem Ort. Im Verlaufe des Krieges fielen 103 Steinigtwolmsdorfer Einwohner. Eine Vielzahl der Bewohner der ehemaligen deutschen Ostgebiete und des Sudetenlandes mußten nach Kriegsende unter Zurücklassung ihres Besitzes und ihrer Habe die Heimat verlassen, um in endlosen Trecks in zugewiesene Gegenden des verbleibenden Deutschlands sich eine neue Existenz aufzubauen.

Quellennachweise:
Steinigtwolmsdorfer Ortschronik von Schulze
Kirchenbücher von Steinigtwolmsdorf
Notizen von Michael Pusch (1658)
Handschriftliche Aufzeichnungen von Johann Gottfried Thomas und Karl Augst.
12. Das Ende des 2. Weltkrieges (1939 – 1945) in Steinigtwolmsdorf

Im Frühjahr 1945 ging der zweite Weltkrieg seinem Ende entgegen. Die alliierten Truppen kämpften auf deutschen Boden. Als im Frühjahr 1945 die Front immer näher rückte, trat auch in Steinigtwolmsdorf der „Volkssturm“, bestehend aus teils alten und teils kranken Bürgern, in Aktion. Sie hatten die Aufgabe, bereits an den Ortseingängen errichtete Panzersperren zu bewachen. Auch kriegsgefangene Franzosen waren in Steinigtwolmsdorf im Erbgericht untergebracht und arbeiteten unter anderem in der Wesenitzmühle, beim Fleischer Hartmann und in der Landwirtschaft. Später wurde ein Gefangenenlager für russische Kriegsgefangene bei der Firma Karl Knobloch in Ringenhain eingerichtet. Diese arbeiteten bis zum Ende des Krieges bei der gleichen Firma.


Viel schlimmer erging es den im KZ-Außenlager Bautzen (heutiger Waggonbau) untergebrachten Häftlingen. Es waren zuerst tschechoslowakische Patrioten. 

 

Später kamen noch Häftlinge aus dem Todeslager Groß-Rosen bei Striegau und anderen Lagern hinzu. In der Nacht vom 19. zum 20. April 1945 begann für etwa 260 Häftlinge dieses Außenlagers der Todesmarsch. Die SS-Leute formierten die ausgemergelten Körper zu einer Marschkolonne, die sich gegen 23.00 Uhr in Bewegung setzte. Der Marsch führte über Grubschütz, Weißnauslitz, Diehmen, Neukirch, Ringenhain und erreichte gegen 7.30 Uhr das Birkgut und gegen 8.00 Uhr am 20. April den Marktplatz in Steinigtwolmsdorf. Der Weg führte weiter über die Hohwaldschänke, Langburkersdorf und endete im Raum Nixdorf in der CSSR, wo noch etwa 250 Häftlinge die Freiheit erhielten.


Noch vor dem Erscheinen der letzten deutschen Truppenteile wurde vom Ortskommandanten die Räumung des Ortes angeordnet. Dieser Aufforderung wurde nur zum Teil Folge geleistet. Der vorgesehene Fluchtweg nach dem Sudetenland war bereits durch durchziehende Flüchtlinge und Häftlinge derartig verstopft, daß es fast aussichtslos war, sich dem Flüchtlingsstrom noch anzuschließen. Am 7. Mai kamen versprengte Wehrmachtsangehörige aus Richtung Neukirch und sammelten sich auf dem Marktplatz und im Rittergutshofe. Anschließend bezogen sie Stellung auf dem Wehrsdorfer und dem Hohwald-Viebig.


Die Nacht zum 8. Mai war äußerst unruhig und voller Gerüchte über die kommenden Russen. Durch die vorausgegangene Propaganda war die Bevölkerung auf das Schlimmste gefaßt. Aufgrund der Sinnlosigkeit des Widerstandes löste sich der „Volkssturm“ auf. Auf dem Gemeindeamt wurde zum Zeichen der Kapitulation eine weiße Fahne angebracht.


Die anrückenden polnischen Truppen erreichten in den Morgenstunden unseren Ort und wurden durch die sich zurückziehenden deutschen Soldaten von den Viebigen bzw. mit schweren Waffen aus Richtung Hilgersdorf beschossen. Durch diese geringen Kampfhandlungen und durch das Schließen der Panzersperre im Dammbusch wurde der zügige Weitermarsch der polnischen Soldaten behindert, so daß es vereinzelt zu Übergriffen kam.


Die Folge dieser Kampfhandlungen war die Geiselnahme einiger Bürger des Ortes sowie die Ausrufung eines dreitägigen Kriegszustandes, trotz der am 8. Mai erfolgten bedingungslosen Kapitulation. Während dieser Schießerei fielen auf deutscher Seite drei und auf polnischer Seite ebenfalls drei Soldaten. Sie wurden auf dem Steinigtwolmsdorfer Friedhof beerdigt.


Die Ereignisse bei der Besetzung unseres Ortes durch die polnischen Truppen waren gegenüber der vorangegangenen NS-Propaganda vergleichsweise erträglich. 

 

An den Tagen nach dem 8. Mai wurde an drei hintereinander folgenden Tagen jeweils ein Gewerbegrundstück abgebrannt (die Blumenfabrik Böhme, das Sägewerk Sauer und der Konsum im Niederdorf). Außerdem wurde der Bautzener Bürger Schieback auf dem Sportplatz von polnischen Soldaten erschossen, da er sich angeblich schlecht gegen polnische Fremdarbeiter benommen hatte. Von den polnischen Truppen wurden große Viehherden mitgetrieben, die auf den Weideflächen der heutigen Siedlung untergebracht waren. Von den dafür vom Bürgermeister bestimmten Frauen mußte der Melk- und Pflegedienst versehen werden. Als Anerkennung erhielten diese Frauen eine Zusatzration Brot und Milch.

Die gefallenen deutschen Soldaten beim Einmarsch der Besatzungstruppen

Grab 1 Otto Günther aus Ratzeburg
geb. 01.06.1902
gef 09.05.1945
Steinigtwolmsdorf, Hohwaldviebig am Wald

Grab 2 : Matthäus Putz aus Gleidt Kreis Hagen
geb. 06.04.1921
gef. 09.05.1945
Steinigtwolmsdorf, Hohwaldviebig (Lohse)

darüber: Walter Schmidt aus Ölsnitz / Erzgebirge
geb. 21.08.1907
gef. 09.05.1945
Steinigtwolmsdorf, Hohwaldviebig (Heller)

Angaben über Truppenteile sind nicht vorhanden.


Die Soldaten wurden auf dem Friedhof von Steinigtwolmsdorf auf der letzten Reihe beerdigt und die Gräber mit einem Holzkreuz geschmückt.
(Angaben aus dem Friedhofsregister von Steinigtwolmsdorf)

Die ersten Schritte zur Normalisierung und Neuordnung in Steinigtwolmsdorf wurden durch die Berufung des ehemaligen Lehrers Wilhelm Siegel zum Bürgermeister, eingesetzt von der polnischen Ortskommandatur, eingeleitet. Er hatte mit großen Schwierigkeiten bei der Sicherung der Ordnung und der Versorgung der Einwohner mit Lebensmitteln zu kämpfen. Unterstützt wurde er dabei von den vorhandenen demokratischen Kräften des Ortes.


Nach Abzug der polnischen Kampfverbände, die ihre Kommandatur in der Schule hatten, über-nahmen sowjetische Einheiten die Besatzungsaufgaben im Ort. Ihre Standorte waren das Zollamt und später ab dem 24.12.1945 das Geschäft Schuster am Markt.


Es bestand eine grundsätzliche Ausgangssperre für die Bevölkerung. Für die Bauern wurden Passierscheine in russischer Sprache, geschrieben von Dr. Stavenhagen und ausgefüllt von Arthur Halang, zur Bestellung der Felder ausgegeben. Diese Verfahrensweise betraf auch Werktätige, die auswärts arbeiteten.


Durch Bemühungen des Bürgermeisters Wilhelm Siegel wurde die Schule in den Zustand versetzt, daß der Lehrbetrieb wieder aufgenommen werden konnte. 

 

Die ehemaligen Lehrer wurden ihres Amtes enthoben und durch Hilfs- bzw. Neulehrer ersetzt.


Erst die Schulreform brachte Ordnung im gesamten Schulwesen. Der damals von den Bewohnern des Ortes geprägte Ausspruch hat auch heute noch volle Gültigkeit:

„Wir wollen alles opfern, wenn der Friede gesichert bleibt“

(Aus Erlebnisberichten von Einwohnern)

Die gefallenen russischen und polnischen Soldaten beim Einmarsch am 08.05.1945 in Steinigtwolmsdorf

  1. Dimitro Duwidenko Ukrainer
    geb. 22.10.1905
    gest. 08.05.1945
  2. Name unbekannt Weisrusse
    gest. 08.05.1945
  3. Greki Antorn Russe
    gest. 08.05.1945
  4. Michael Wiszniewski Pole
    gest. 08.05.1945
  5. Karel Adamowies Pole
    gest. 08.05.1945

 

Diese gefallenen Soldaten wurden am 09.05.1945 in einem gemeinsamen Grab auf unserem Friedhof bestattet.
Die unter den Nummern 1; 2 und 3 genannten Gefallenen wurden am 28.10.1947 nach Bautzen überführt und auf dem russischen Friedhof beigesetzt.


14. Schicksale der Angehörigen der NSDAP unseres Ortes zum Kriegsende
1945 wurden von der Roten Armee folgende Mitglieder der NSDAP verhaftet:

  • Kaufer, Ernst (Baumeister) in der Haft verstorben
  • Zweininger, Oskar (Gastwirt)
  • Zosel, Hermann (Bauer) in der Haft gehangen
  • Zosel, Alwin in der Haft verstorben
  • Queißer, Reinhold (Zahlstellen-Leiter) in der Haft verstorben
  • Gutte, Alfred (Lehrer) in der Haft verstorben
  • Ulbricht, Paul in der Haft verstorben
  • Rudolph, Hermann (Meister) in der Haft verstorben
  • Herold, Reinhold (Arbeiter)
  • Zenker, Alfred (Tankwart)
  • Schuster, Fritz (Schneider)
  • Träber, Arthur (Schneider)
  • Thomas, Hermann in der Haft verstorben
  • Nöbel, Elli
  • Queißer, Arthur (Ringenhain)

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